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Märchen über Kürbiskopf

>> Es war einmal ein entzückender Schneegolem namens Kürbiskopf, welcher mit viel Liebe und Freude von einem kleinen Mädchen vom Stamm der Nanuqs zu einer Zeit gebaut wurde, in der der Stamm noch nie von einem Schneegolem gehört, geschweige denn einen gesehen hatte. So hielten sie den Schneegolem erst für einen der lebendigen Schneemänner, welche von den Kindern des Stammes zu Zeiten des Wintermondes gebaut wurden und über Nacht auf magische Weise zum Leben erwachten. So erzählt dieses Märchen eine Geschichte von Freundschaft und Schnee zwischen einem einsamen Mädchen und einem Schneegolem, den man nur lieb haben kann!
 

Das kleine Mädchen namens Anyu, welches oft ausgegrenzt wurde, durfte nie mit den anderen Kindern auf die Suche nach schönen Steinen und Ästen gehen, um mit ihnen zusammen einen eigenen Schneemann zu bauen. Gehütet und bemitleidet vom Weisen Nanuq, mit dem das kleine Mädchen die meiste ihrer einsamen Zeit verbrachte, schickte der Eisbär sie eines Tages alleine auf die Suche: “Wenn du warten auf Kinder dich mitnehmen, dann Wintermond vorbei ohne Anyus Schneemann. Aber wenn du mutig genug, dann du gehen auf die Suche allein. Wer allein, der sich selber finden. Anyu stark, Anyu brauchen gemeine Kinder nicht. Du suchen und du dann bauen einen Schneemann und vielleicht Wintermond schenken Anyu Freund, wie Weisen Nanuq!” 

Ängstlich, sich allein so weit vom Stamm zu entfernen, doch aufgebaut von den Worten des weisen Eisbären, beschloss das kleine Mädchen seinem Rat zu folgen und alleine auf die Suche zu gehen. Am Abend desselben Tages kehrte sie während eines starken Schneesturmes halb erfroren zurück. Der Stamm hatte sich schon Sorgen gemacht, doch die Worte des Weisen Nanuqs beruhigten ihre Gemüter. Während sich Anyu am Lagerfeuer des Eisbären erwärmte, zeigte sie ihm den Fund ihrer Suche. So hatte das kleine Mädchen in den verschneiten Wäldern auf den Bergen, behutsam wie sie war, mit großer Sorgfalt den schönsten Stock gesucht, den sie finden konnte. Er war hier und da zwar etwas rau und kantig, ganz gerade auch nicht, doch in Anyus Augen war er perfekt. Die Steine fand sie am Fuße des Berges. Sie waren alle unterschiedlich groß und geformt, dies gefiel dem kleinen Mädchen besonders. Eine Karotte finden, nun, da scheiterte das Kind. Im verschneiten Norden fand man keine angebauten Felder und Anyu konnte schlecht ohne weitere Hilfe mit den Schlittenhunden zum nächsten Dorf reisen. Doch zu ihrem Glück traf sie einen reisenden Händler, bei dem sie ihren Proviant gegen einen Kürbis eintauschen konnte . Den restlichen Abend verbrachte Anyu damit, dem Kürbis ein freundliches Gesicht zu schnitzen. Es war nicht ganz einfach, da ihr kleines Schnitzmesser für Holzfiguren und nicht für einen Kürbis vorgesehen war. Dies sah man ihrem fertigen Werk gewiss an, doch in Anyus Augen war der geschnitzte Kürbis schön und besaß so wie er war, eine persönliche Note.

Noch in der Nacht des vollen Wintermondes schlich das kleine Mädchen sich aus dem Iglu hinaus und baute etwas weiter Weg vom Dorf auf den Eisschollen ihren Schneemann. Sie war zwar nicht in Sicht der Stammesmitglieder, doch dem Weisen Nanuq entging wahrhaftig nichts. So wachte dieser über das kleine Mädchen, welche große Schneekugeln formte und bis zu den Eisschollen hinaus rollte. Dabei verloren die Bälle hier und da an Masse, so waren sie am Ende nicht mehr ganz rund. Doch auch das störte Anyu nicht. Voller Freude hob sie die kleinere Schneekugel auf die größere und platzierte mit großer Mühe den ausgehöhlten und geschnitzten Kürbis ganz oben. Schließlich verzierte sie den Körper des Schneemannes mit den Steinen und steckte ihm die Äste als Arme an die Seite. Anyus Schneemann sah wahrhaftig nicht aus, wie die der anderen. Er war recht eigenartig, doch somit gewiss einzigartig. Während das kleine Mädchen ihr Werk musterte, lächelte sie breit und glücklich. Ihre Augen funkelten vor Freude, während ihr kleiner, zierlicher Körper zitterte. Es war gewiss nicht einfach gewesen, doch sie hatte es geschafft. “Ich nenne dich Kürbiskopf!” Anyu war nicht nur stolz darauf, einen Schneemann gebaut zu haben, sondern konnte es gar nicht abwarten, ihren Schneemann lebendig zu sehen!

Am nächsten morgen erwachte Anyu müde und erschöpft, jedoch war dies im Vergleich zu ihrer Aufregung nichts. Nervös schlug ihr Herz schnell bei dem Gedanken, Kürbiskopf lebendig zu sehen. Kaum durfte sie das Iglu verlassen, lief sie aufgeregt zu ihrem Schneemann. Ihre Aufregung entging den neugierigen Augen nicht und so folgten ihr die anderen Kinder und erblickten zum ersten Mal Kürbiskopf. Zu Anyus Enttäuschung jedoch, schien Kürbiskopf nicht zum Leben erwacht zu sein, wie die anderen Schneemänner. “Lag es am Kürbis?” wunderte sich das Kind, als plötzlich Gelächter zu hören war. Als Anyu sich umdrehte, entdeckte sie die anderen Kinder, wie sie sie auslachten und sich über ihren Schneemann lustig machten. Anyu forderte sie mehrmals auf ihren Schneemann nicht zu beleidigen, denn es brach ihr das Herz zu hören, wie die anderen Kinder den Kürbiskopf fanden. Sie hatten wahrlich nichts gutes, gar schönes über ihn zu sagen. “Ich mag Kürbiskopf, so wie er ist und würde ihn mir nicht anders wünschen!” sagte das kleine Mädchen schließlich weinend, als die Kinder plötzlich erstarrten.


Anyu spürte plötzlich etwas auf ihrer Schulter. Erschrocken wanderten ihre Augen dahin und sie erblickte, wie Kürbiskopf seine Hand auf ihre Schulter gelegt hatte, um Anyu aufzumuntern. “Kürbiskopf! Du lebst ja doch?” fragte das Mädchen verblüfft und fiel dem Schneemann um den Hals. Gerade als die Kinder sich wieder lustig machen wollten, hörte man ein Kichern von Kürbiskopf aus. Erschrocken ließ Anyu von ihm hab und rannte zu den anderen Kinder, welche ebenfalls erschrocken und sogar ängstlich zum Schneemann sahen. “Hihi, verzeih’ mir! Bei so vielen Gesichtern wurde ich ein wenig schüchtern….” erwidert Kürbiskopf. In den Augen der Kinder, wie auch in den Augen von Anyu sah man nun Verwirrung, denn die anderen Schneemänner waren zwar lebendig und liefen herum, doch keiner von ihnen konnte je sprechen. “Der Schneemann spricht!” rief eins der Kinder. Einige von ihnen rannten davon, zurück ins Dorf. Andere blickten Kürbiskopf starr vor Angst und Faszination an. “W-wer...w-was...bist du?” fragte Anyu. Ihre Angst war zum größten Teil verschwunden und nun blickte sie den Schneemann mit großen Augen an. Kürbiskopf legte den Kopf leicht schief, bevor er munter antwortete: “Das weißt du doch, Anyu! Immerhin hast du mich zum Leben erweckt!”, kicherte der Schneemann wieder und lächelte breit.


Doch dann stellte er sich etwas schüchtern mit verlegner Stimme vor: “Nun ich bin Kürbiskopf! Ich bin erfreut, dich kennenzulernen Anyu!” “Mein Schneemann! Du bist mein Schneemann und du sprichst!” freute sich das kleine Mädchen und fiel Kürbiskopf wieder um den Hals. “Ein Schneemann?” fragte Kürbiskopf verwirrt, unwissend was dies war, doch stimmte ihr unbekümmert zu. “Wenn du möchtest, dass ich dein Schneemann bin, dann bin ich wohl ein Schneemann, hihi!~”

 

Nun waren auch die restlichen Kinder nicht mehr ängstlich, sondern blickten Kürbiskopf aufgeregt an. Doch dieser schien von den anderen Kindern weniger angetan. Kaum ließ Anyu von ihm hab, zog  Kürbiskopf sie hinter sich und blickte die Kinder böse an. “Ihr Knirpse seyd gewiss nicht lieb zu meiner Anyu!” stellt Kürbiskopf fest. Seine Mimik verdunkelt sich, so zog er erfolgreich eine Grimasse, die die Kinder verängstigen sollte. “Ich kann nicht nur sprechen! Wer zu meiner Anyu nicht lieb ist, ist nicht mein Freund!”  Vor Angst rannten nun auch die übrigen Kinder ins Dorf zurück, gejagt von Kürbiskopf , dieser gefolgt von der kleinen Anyu. Kürbiskopf jagt die Kinder bis in die Dorfmitte, wo ein großes Lagerfeuer zu finden war. “Ich jage den Knirpsen ein wenig Angst ein, dann lassen sie meine Anyu gewiss in Ruh’!” dachte sich Kürbiskopf, als er plötzlich über einer der Holzstämme am Lagerfeuer stolpert und fiel. “Böser Stamm!” ruft er auf, während das Stammesoberhaupt in die Runde sprach: “Was soll dieser Tumult? Wieso jagt ein….ein Schneemann? Wieso jagt ein Schneemann die Kinder!?”


Während die anderen Stammesmitglieder noch versuchten zu begreifen, was vor sich ging, war Anyu zur Stelle: “Kürbiskopf, was tust du denn!”, sagte das kleine Mädchen erschrocken. “Du liegst am Feuer, du wirst schmelzen!” Erst jetzt fiel Kürbiskopf auf, wie die anderen Schneemänner sich vom Feuer fern hielten. Er kicherte schließlich, während sein feiner Schnee begann zu schmelzen. “Ich wollte die Kinder ein wenig erschrecken, damit sie meine Anyu nie wieder ärgern! Auch wenn ich zu dem Zeitpunkt noch nicht lebte, kann ich gewiss spüren mit wieviel Liebe und Freude du mich gebaut hast. Und ich sah deine großen, funkelnden und unschuldigen Augen, als du mir einen Namen gabst! So ein liebes Kind, das darf nicht von anderen geärgert werden…” erklärte Kürbiskopf aufrichtig. Gerührt von seinen Worten, versuchte  Anyu den Schneemann aufzurichten und damit zu retten, während der Stammeshäuptling sie aufforderte, den Schneemann in Ruh zu lassen. Doch daran dachte sie gar nicht erst, jedoch lebendig wie Kürbiskopf war, war er für das kleine Mädchen allein viel zu schwer. “Oh nein! Nein, nein, nein!” ruft Anyu verzweifelt. “Du darfst nicht schmelzen, du bist doch mein Freund! Mein geliebter Freund, das verdienst du nicht!” Kürbiskopf lächelte sanft: “Manche Wesen sind es wert, dass man für sie schmilzt, liebe Anyu.”

Da trat  plötzlich der Weise Nanuq aus seinem Iglu. “Lauter Tumult, Weiser Nanuq wissen wollen, was vor sich geht!” So erblickt der Eisbär Kürbiskopf und Anyu und trat näher. “Wieso keiner helfen kleinem Mädchen und….das Schneemann seyn?” fragte er schließlich verwirrt und warf dem Stammeshäuptling einen bösen Blick zu. “Der Schneemann jagt die Kinder!” erklärte dieser. “Kürbiskopf wollte mich nur beschützen!” weinte Anyu auf, während sie zusah, wie der Schnee langsam weiter dahin schmolz. “Kürbiskopf…?” fragte der Eisbär und Anyu nickte ihm zu. “Kürbiskopf keine Gefahr, ihr alle helfen Anyu!” forderte der Weise Nanuq den Stammeshäuptling auf, welcher ein wenig missmutig nachgab. “Der Eisbär, er spricht!” stellte Kürbiskopf zu seiner Verwunderung fest. “Und nicht gerade besonders gut!” fügte er lachend hinzu und hielt sich vor Lachen den Bauch. “Närrischer Schneegolem! Du lachen über Weisen Nanuq, dabei du zu rund um aufzustehen!” erwiderte der Eisbär ein wenig beleidigt, während der Stammeshäuptling mit anderen zusamm den Schneemann aufrichtete und vom Feuer weg holte. “Kürbiskopf, geht es dir gut?” fragte Anyu noch unter Tränen und versuchte neuen Schnee an seine runden, kalten Körper fest zu drücken. “Ich helfe dir!” Doch Kürbiskopf kicherte. “Anyu nicht, das kitzelt!” Als das kleine Mädchen sah, wie der Schneemann kicherte, konnte sie selbst nicht anders als mit zu kichern. “Kürbiskopf, du lebst! Ich bin so froh, so froh!” freute das Kind sich. 

“Kürbiskopf von dir gebaut?” fragte der Weise Nanuq und musterte ihn. “Gewiss! Darf ich Euch vorstellen? Kürbiskopf, mein Freund der Schneemann! Kürbiskopf? Das ist der Weise Nanuq… ein weiser Eisbär und einst mein einzigster Freund! Doch nun hab’ ich auch dich!” Kürbiskopf hob das kleine Mädchen und sprang mit ihr in seinen Armen aufgeregt auf der Stelle herum. “Freunde! Freunde, Freunde, Freunde~” Der Weise Nanuq schüttelte bei dem Anblick den Kopf. “Und dafür ich verlassen mein Iglu so so…” Schließlich setzte Kürbiskopf Anyu wieder ab. “Nun können wir ganz viel Zeit zusammen verbringen!” Anyu grinste erfreut. “Weiser Nanuq, Ihr hattet wahrhaftig recht.” “Anyu mutig seyn und Wintermond sehen, wie traurig Anyu seyn. Nun Wintermond schenken Anyu einen besonderen Freund, Anyu haben Schneegolem Kürbiskopf.”, sagte der Eisbär nickend. “Schneegolem?” fragt Anyu unwissend. Auch Kürbiskopf stand die Unwissenheit in sein Kürbisgesicht geschrieben. “Kürbiskopf seyn kein Schneemann. Kürbiskopf sprechen und leben, wie Anyu. Daher Weiser Nanuq sicher, Kürbiskopf seyn Schneegolem. Schneegolem selten, entstehen nur wenn Wintermond voll und Erbauer sehnlich wünschen aus ganzem Herzen.” erklärte der Eisbär.


“Sehnlichst aus dem ganzen Herzen wünschen…” wiederholte das kleine Mädchen murmelnd und schaute dann zu Kürbiskopf, welcher ihren Blick erwiderte. “Sieh mich nicht so an, ich weis nicht wovon der komische Eisbär spricht!” sagte Kürbiskopf und legte den Kopf schief. “Ich nicht seyn komisch! Kürbiskopf unhöflich! Weiser Nanuq gehen nun wieder in Iglu Fisch essen!” beschwerte der Eisbär sich und wanderte zurück in sein Iglu. Grinsend sah Anyu dem Bären hinterher, bevor sie wieder Kürbiskopf anlächelte. “Kürbiskopf, du bist wahrhaftig der schönste Schneegolem weit und breit!” sagte sie schließlich. “Hör also niemals auf die Kinder, sie wissen nicht wovon sie sprechen!” Kürbiskopf grinste verlegen und deutete auf seinen Körper aus Schnee. “Gewiss! Sieh doch, diese Kurven! Dieser feine Schnee! Diese schönen, einzigartigen Steine und…” Nun zeigt er auf seinen Kopf. “Und dieser einmalige, orange, zum anbeißen süße Kopf! Und meine Grübchen! Wie könnte man mich nicht mögen!? Ich bin zum anbeißen!” kicherte der Schneegolem. Auch Anyu musste kopfschüttelnd kichern, bevor sie nach der Hand von Kürbiskopf griff. “Nun komm, wir bauen dir ein Schloss aus Schnee!” sagte sie aufgeregt und verschwand mit dem Schneegolem in der Weite der Landschaft.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben die kleine Anyu und der entzückende Kürbiskopf noch heute…<<

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