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Kann mein Charakter diese Lore kennen?
Dieses uralte Wissen gehört zwar in die höhere Bildung und ist Teil der “Mystischen Lehre”,
doch gilt es als Allgemeinwissen in der Welt Lezoras. Gewiss hat ein jeder einmal die Geschichte über
die Entstehung Lezoras gehört, wenn auch in abgewandelter Form...
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⚜ Kapitel I: Der Fall Galdurs ⚜
Aller Anfang war im Niemandslande. Eine Welt ohne Namen und Götter, selbst der Zeit vollkommen fremd. Es geschah lange vor dem magischen Zeitalter, noch bevor die Götter von der Existenz dieser Welt wussten und die ersten Rassen schufen, geschweige denn der Name Lezora in die Lande getragen wurde.
Den Überlieferungen zufolge herrschten einst im Niemandslande nicht mehr als die gewaltigen Kräfte der Natur. So war und ist es bis zum heutigen Tage ein Rätsel verblieben, wie ein Gott ohne Halt auf die Erde prallen konnte. Wie eine grelle Sternschnuppe war er am Himmelszelt zu sehen, bevor er mit voller Wucht auf den Erdboden prallte. Es war der unerklärliche Fall des Gottes Galdur, dessen Kräfte mit jeder Sekunde schwunden und dafür sorgten, dass er aus dem Reich der Götter fiel. Dies war der Anfang der Welt, so wie wir sie heute kennen und lieben gelernt haben und besiegelte das Schicksal Galdurs, wie auch das unsere.
Wutentbrannt vom unerlaubten und zerstörerischen Eindringen Galdurs in das Niemandsland, verschleppte Mutter Natur Galdur in die Tiefen ihrer Welt. Im Unwissen darüber, dass Mutter Natur den sterbenden Gott schon gefunden hatte, begab sich der Gott Noschnir mit den anderen Göttern auf die Suche nach seinem geliebten Bruder. Vor den Augen der anderen Götter versteckt, lag der Gott, seinem Schicksal einsam und alleine überlassen, in einer Höhle tief unter der Erde. Mit dem Wissen, dass nicht mehr als die Natur selbst seine Worte vernahm, sprach Galdur in der Einsamkeit zu ihr. Zur ihrer Verwunderung sprach er seine womöglich letzten Worte weder im Groll, noch waren sie ein Ersuch um Gnade.
Stattdessen bat er sie um Vergebung für das Vernichten ihrer Arbeit und erzählte wehmütig Geschichten über Seinesgleichen. So berichtete er Mutter Natur von Aeternum, dem Reich der Götter und wie diese den leeren Raum nach eigener Vorstellung formten. Dabei klang es, als habe Galdur schon vor seinem Aufprall auf dem Erdreich Frieden mit seinem Tod geschlossen. Als hätte er erahnen können, welches Schicksal ihm bevor stünde.
Erhört und bemitleidet von Mutter Natur, stattete sie dem im Sterben liegenden Gott einen Besuch ab. Von seinen Worten und seiner Tapferkeit gerührt, leistete sie Galdur Gesellschaft, im Wissen, dass sein Tod nicht nur unvermeidbar war, sondern auch unmittelbar bevor stand. So spendete sie ihm in den letzten Momenten seines Daseins Geborgenheit und Trost. Es war der Beginn einer ewig währenden Freundschaft und das Ende eines ewigen Lebens...
Noch während seiner letzten Atemzüge ließ Mutter Natur ihre gewaltigen Kräfte wirken und zeigte dem todesnahen Gott die Schönheit ihrer Kräfte, während dieser in ihren Armen lag. Sie malte ihm Bilder von verschiedensten Naturphänomenen, sodass Galdur die unterschiedlichsten Facetten der Natur erlebte, bevor er, in Ehrfurcht vor dem Leben selbst, für immer die Augen schloss. Mit den letzten Funken seiner Kräfte klammerte er sich dabei an das Niemandsland, nicht gewillt, die Natur jemals wieder zu verlassen. Erst bei diesem erstaunlichen Kraftakt spürte Noschnir die, vorher viel zu schwache, Präsenz seines Bruders, wie sie in einem letzten Impuls vollends verblasste. So führte er die anderen Götter in die Niemandslande, in der Hoffnung, seinen Bruder heim zu bringen.
Einst so sicher, dass sich niemand mit ihnen messen konnte, waren die Götter umso verwunderter, als sie auf Mutter Natur trafen. Eine so starke und eigenwillige Kraft, die mehreren Göttern zugleich das Wasser reichen könnte, löste bei diesen die unterschiedlichsten Empfindungen aus. Doch dies war nicht die einzige Überraschung, welche die Natur für sie bereit hielt: Die Götter fanden Galdur in einer anderen Form an, als der die ihnen bekannt war. Es war eine kleine, magische, blaue Knospe. Trotz all der verzweifelten Bemühungen war es Noschnir nicht möglich, seinen Bruder in dessen ursprünglichen Form zurück zu verwandeln. Die Knospe, welche in geringen Mengen Galdurs verbliebene Essenz zu enthalten schien, war zwar der Magie der Götter gegenüber nicht immun, doch schien sie sich vehement zu wehren, wobei sie in der unmittelbaren Nähe von Mutter Natur zu leuchten begann. Im Glauben darüber, dass Galdur selbst sich mit den letzten Fragmenten seiner Existenz an das Niemandsland hielt, überließ Noschnir widerwillig die Knospe der Natur, welche nun Mutter Natur in Trauer um Galdur Trost spendete.
Machtlos, den toten Gott mit sich zu nehmen, kehrten die Götter zurück nach Aeternum. Kurze Zeit später sollten sie jedoch, zusammen mit Mutter Natur, Zeuge eines wahrhaftigen Wunders werden. Denn Mutter Natur beschloss, den gefallenen Gott für immer in der Erde der Niemandslande zu verewigen, dessen Schönheit er so bewunderte. So pflanzte sie die Knospe am Ort seines Todes ein, um eins mit Galdur zu sein.
Im Unklaren darüber, welches Geschenk Galdur dem Niemandsland hinterlassen hatte, pflegte sie den heranwachsenden Setzling, der aus der Knospe entsprang, mit mehr Sorgfalt und Liebe, als man von ihrer wilden Art gewohnt war.
Doch war dies nicht das Einzige, was die Aufmerksamkeit der Götter auf sich zog, welche seither den Planeten im Auge behielten. Im Niemandsland machte sich die Präsenz einer starken, magischen Quelle bemerkbar, die den Göttern nur allzu gut bekannt war. So verging kaum Zeit, als aus dem rasant heranwachsenden Setzling ein Baum entstand, welcher sich mit einem großen Stück Erdreich aus der Erde empor hob. Damit ging ein leichtes und kaum wahrnehmbares Beben des Erdbodens einher. Denn seine Wurzeln erstreckten sich durch das Stück schwebende Land und schlängelten sich langsam und wirr durch das ganze Niemandsland. Es dauerte keine sieben Tage, da entsprang aus der kleinen, blauen Knospe der majestätische Baum in seiner ganzen Pracht, welcher inmitten einer Insel stand, die über einem großen Krater schwebte. Seine füllige Blätterkrone trug zudem blaue Blüten und Früchte, die ein warmes Leuchten von sich gaben. Dasselbe Licht entsprang aus schmalen Ritzen und kleinen Löchern, die verteilt an manchen Stellen in der recht alten und zum Teil brüchigen Rinde zu finden waren. Kaum war der Baum ausgewachsen, hatten seine Wurzeln die Welt umschlungen und begannen die Niemandslande zu verändern, denn die göttliche Magie des einstigen Gottes strömte nun durch jede noch so kleine Faser der Natur. Selbst Pflanzen und Tiere mutierten durch die Magie und so entstanden vollkommen neue Wesen. Auch dem Baum entsprangen kleine, leuchtende, blaue Irrlichter, welche stets in der Umgebung des Baumes herum schwirrten.
Ahnungslos vom Schauspiel, dass sich vor ihren eigenen Augen abspielte, konnten weder die Natur noch die Götter sich erklären, was geschah. Jedoch verspürte Mutter Natur die Präsenz Galdurs in jedem noch so kleinen, magischen Funken auf ihrer Welt. So war sie mehr als angetan, zu sehen, wie die Magie ihr Werk ergänzte und, einschließlich dem Leben darin, schützte.
Mit dem Lauf der Jahrtausende entstanden viele Legenden und Geschichten darüber, was in jener Zeit tatsächlich geschah. Die abenteuerlichsten und romantischsten Erzählungen entsprangen der Fantasie vieler Dichter und Erzähler, doch so unterschiedlich sie auch sein mochten, hatten sie dennoch eines gemeinsam: Weder die Götter, noch die Natur konnte die Präsenz einer göttlichen Existenz im magischen Baum von Galdur leugnen. Selbst am heutigen Tage spürt man, wie die Wärme des Lebens in ihm sprießt, sobald man mit der Handfläche die Baumrinde berührt.